Also, hallo Welt! Ursprünglich sollte ich am 13. geboren werden, aber so ein Datum betrachtete ich als höchst unprofessionell, zumal ich auch noch die Improvisationsfähigkeiten meiner Eltern testen wollte. Beurteilt selbst, wie sie die erste unerwartete Situation gemeistert haben.
Die ganze Nacht war ich schon ungeduldig, wälzte mich, strampelte und sprach zu mir: Gehst du die Sache an oder nicht. Um 6 Uhr morgens war ich entschlossen. Hab am Stöpsel gezogen und das Wasser rausgelassen. Und? Die Eltern haben mich erst eher unangenehm überrascht. Es schien, als ob sie mei-nem Signal nicht trauen würden, und dann wieder rannten sie verwirrt durchs Haus, suchten irgendwel-che Papiere und Anziehsachen, als ob es nun wichtig wäre. Zum Glück haben die sich bald berappelt und starteten mit mir in die Klinik.
Der Weg kam mir unangemessen lang vor, so hab ich ihn mir durch Ziehen an Mamas Bauch verkürzt. Irgendwann kamen wir doch in der Klinik an. Auch die Schwester in der Geburtsstation war anfangs ü-berzeugt, dass ich es nicht besonders eilig hab. Kurzerhand, nein „kurzerbein“ hab ich ihr also ein Bein-chen entgegengestreckt, um ihr zu zeigen, dass ich raus will.
Die Schwester legte mein Signal richtig aus und rief sofort zwei Ärzte zur Hilfe. Der wichtigste von denen – statt zu schätzen, dass ich mich in so ein gefährliches Geschäft nicht kopfüber stürzen will, sondern bedächtig mit Beinchen zuerst – entschied, der Mama den Bauch aufzuschlitzen.
Dann ging’s zack auf zack. Wir rasten durch den Flur, fuhren per Aufzug runter, nächster Flur, per Aufzug hoch, schnell durch viele Türen, und da stand schon eine Kompanie blau angezogener Menschen. Im Endeffekt war ich aber zufrieden, es war Dynamik drin, und es hatte Würde.
Als es danach aussah, dass nichts Interessantes mehr passiert, stach einer der Menschen in die Mutter ein, wonach sie sofort einschlief . Das hat mir nicht gefallen, so verpasst sie doch meinen Auftritt. Bevor ich mich aber zu einem Protest durchringen konnte, hat schon einer von den Blauen Mamas Bauch auf-gemacht, der Zweite hat mich abgeschnitten, der Dritte trug mich fort, und als ob es nicht genug wäre, haben die angefangen, mich zu putzen. Sagt mal, wer denkt in solchen Augenblicken schon an Kosme-tik? So hab ich sie angebrüllt, dieses Vorgehen würde ich nicht besonders unterhaltsam finden, was merkwürdigerweise zur Folge hatte, dass alle schlagartig unglaublich zufrieden, sogar begeistert wirkten.
Um diesem Tun einen humanen Anstrich zu verpassen, riefen sie den Papi herbei, er solle schauen, ob ich o.k. bin. Nachdem sie ihn eine Weile schauen ließen, packten sie mich in eine geheizte fahrbare Vitri-ne. Sehr komfortabel. Würde sagen, es war die neueste Version des Papamobils. Bevor ich mich orien-tieren konnte, wie man so was steuert, sausten wir schon zurück. Das wäre eigentlich voll in Ordnung, nur die Mutter ließen sie da zurück. Und so hab ich sie auf dem Weg, da es eh nichts Interessantes zu sehen gab, ein paar Mal daran erinnert, aber sie haben es gar nicht beachtet.
Angekommen sind wir in dem Raum, wo wir am Morgen starteten. Die Schwester zog mich aus meiner Komfort-Limousine raus und fing an, mich zu messen, wiegen und baden, und dabei hat sie ständig den Papi ermutigt, mich zu knipsen, baden und streicheln. Wahrscheinlich war sie bemüht, ihn zu beschäfti-gen, damit er sich nicht Richtung Kneipe verflüchtigt. Sie kennt ihn aber nicht. Verflüchtigen vielleicht, aber wahrscheinlich würde er in irgend einem Internetcafé landen. So ein Trockenkeks. Als das Inter-mezzo abgespielt war, packte mich die Schwester wieder in meine Glas-Limousine und fuhr mit mir ir-gendwo hin. Es war echt cool. Ich kam mir wirklich wie Il Papa vor, den Vorbeieilenden aus meinem durchglasten Mobil huldvoll zuzuwinken. Alle winkten zurück und riefen viel Schmeichelhaftes, was soll ich erzählen, einfach große Klasse.
Jeder Künstler weiß, dass eine ordentliche Show im Schlafzimmer endet. Da bin ich keine Ausnahme. Das Beste war, dass im Schlafraum die Mutter wartete. Die Arme, sie zitterte noch und man konnte se-hen, dass das Loch im Bauch sie noch schmerzt. Aber glaubt mir, als sie mich ihr unter die Nase steck-ten, in dem Augenblick gab es auf dieser runden Erdkugel und vielleicht in diesem ganzen schiefen Welt-all keinen glücklicheren Menschen. Beschreiben kann man es nicht, das muss man erleben.
Im Groben war es alles. Ein erfahrener Kollege vom Nebenbett rät mir noch, dass für die Erwachslinge in erster Linie Zahlen wichtig sind. Er sagt, Säuglingsgeschichten trauen die nicht so sehr, aber Zahlen, die kann man vergleichen, auswerten, und man kann mit denen angeben. Also, damit jeder auf seine Kosten kommt:
Geboren bin ich am 3. März 2007 zwischen 9:00 und 9:05 Uhr in der Geburtsklinik Zittau. Zum ersten Mal gebrüllt hab ich um 9:07 Uhr.
Messe 52 cm, Kopfumfang beträgt 34 cm.
Auf die Waage bringe ich 3.350 Gramm, also 3,35 Kilo.
Hab braune Augen, braune Haare und braune Rückenbehaarung.
Tja, der Kollege sagt auch noch, dass für die umfassende Information der Erwachslinge auch noch Foto-grafien ganz wichtig sind. Das wird also jetzt etwas peinlich. Bilder geschossen hat der Papi schon eine Menge. Aber selbstverständlich das Kabel zum Runterziehen der Fotos hat er wo vergessen? In der Ar-beit. 30 Kabel nach Hause schleppen, 50 im Haus hin und her verlegen, aber das einzige, was mich inte-ressiert, lässt er im Büro, 4 Zugstunden entfernt. Was soll ich euch erzählen? Einen Forscher zum Papi zu haben, hat auch ganz schöne Klippen, mit dem muss ich noch ein bisschen trainieren.
Ein Bild hab ich aber doch schon. Hat zum Glück die Schwester gemacht, nachdem sie mich gebadet hat. Sie wusste wahrscheinlich, mit wem sie die Ehre hat, und so hat sie ihm das Bild ganz klassisch auf einem Stück Papier gegeben.
Also, das bin ich:
Die Übersetzung : Ivo Bartoš